Landesverband praktizierender Tierärztinnen und Tierärzte Niedersachsen und Bremen e.V.

Neuer Tarifvertrag für TFA soll Abwanderung verlangsamen.

Schon gesehen? Auch bei den Discountern wird der Arbeitskräftemangel immer offenbarer. Regale werden nicht nachgefüllt, Kassen bleiben unbesetzt. Eines der Steuerungsinstrumente auch hier: Eine bessere Bezahlung. Und so garantieren seit einiger Zeit Aldi, Lidl und Co. Mitarbeitern ohne jegliche Berufsausbildung nicht etwa nur den gesetzlichen Mindestsatz von 12 € pro Stunde, sondern einen Mindest- Stundenlohn von 14 bis 14,50 €. Und die TFA, die Tiermedizinischen Fachangestellten, ohne die in den Praxen so Vieles nicht geleistet werden könnte, kennen diese Anzeigen auch. Und wandern zunehmend ab, wenn sie in der Praxis kein mindestens ebenso gutes Angebot bekommen.

Unter Berücksichtigung dieser Messlatte wurde deshalb nach zwei Verhandlungsrunden ein neuer Gehaltstarif- Vertrag mit dem Verband für medizinische Fachberufe, VmF, der „TFA-Gewerkschaft“, abgeschlossen, der seit 1.10.2022 gilt. Ausgehend vom beschämend geringen Stundenlohn von 10,85 € für TFA im 1.und 2. Jahr nach Beendigung ihrer Ausbildung (nix ungelernt, sondern hochqualifiziert!) kommt es nun zu einer Steigerung auf mindestens 14,01 € in der niedrigsten Tarifgruppe. Ja, eine Steigerung um fast 29%. Auf den Betrag, den man ohne Ausbildung bekommt, wenn man beim Discounter die Regale einräumt.

Und, wie erwartet, hagelt es Kritik aus der Kollegenschaft. Das kann doch keiner bezahlen! Da muss ich ja zwei TFA entlassen! Und, der Klassiker: Ich trete aus dem Verband aus, damit ich nicht an den Tarifvertrag gebunden bin und meinen TFA nicht so viel zahlen muss, wie die Discounter! Im Ernst?

Fakt ist: Mindestens 1 x wöchentlich fragt jemand per Email bei mir an, ob ich nicht eine TFA für die Praxis wüsste. Die bisherigen seien entweder schwanger, oder sie seien abgewandert. In Human- oder Zahnmedizin-Praxen, Labore, oder zu Lidl und Aldi. Man könne das gar nicht verstehen, man zahle doch schon über Tarif, und die Fortbildungskosten würden doch auch übernommen. „Über Tarif“ ist dann auf genaue Nachfrage „ja so 5%“ …. Wundert es da wirklich, dass die TFA dann lieber den besser bezahlten Kassenplatz wählt?

Wollen wir also zukünftig wieder „wie früher“ arbeiten, mit Besitzern, die die Kampfkatze mehr schlecht als Recht fixieren, die Narkose überwachen und bei der Operation assistieren, weil es da noch keine hochqualifizierten Fachkräfte zur Assistenz gab? Vor 40 Jahren ging es doch auch ohne TFA, starben halt ein paar mehr Tiere in der Narkose? Oder wollen wir doch lieber nach außen spiegeln, dass es bei uns erstklassige Tiermedizin auf hohem Qualitätsstandard zu einem angemessenen Preis gibt, damit wir unser Personal so gut bezahlen und wertschätzen können, dass es jahrzehntelang bei uns bleibt? Die unverzichtbare TFA als Aushängeschild, Kummerkasten für Besitzer, Verkaufsgenie, Anästhesieassistenz und perfekter Praxismanagerin?

Ein erster Schritt hierzu ist die Mitgliedschaft von Inhabern im bpt, denn sie signalisiert einer Tiermedizinischen Fachangestellten, die ein Arbeitsverhältnis mit der jeweiligen Klinik oder Praxis aus dem reichhaltigen Topf der Stellenangebote überhaupt in Betracht ziehen will: Hier kannst du dich darauf verlassen, auf jeden Fall das ausgehandelte Mindestentgelt zu bekommen. Und darauf, dass die Urlaubsregelungen eingehalten werden und dass Überstunden und Wochenenddienste gemäß Tarifvertrag vergütet werden. Wenn also Personal händeringend gesucht wird, ist deshalb nicht Austritt, sondern Eintritt oder Verbleib im Verband das Gebot der Stunde! Bpt – Mitgliedschaft als explizites Qualitätssiegel auf einem Stellenangebot für die heiß begehrten TFA.

Und mal ehrlich: Wir bekommen auch deshalb eine neue GOT, weil sogar die Politik erkannt hat, dass man nur mit höheren Einnahmen auch Gehaltserhöhungen finanzieren kann. Die der Studie zugrundeliegenden Zahlen sind übrigens aus 2020, sie spiegeln also den damaligen Einfachsatz wider. Der heutige Abrechnungssatz bemisst sich daher zumindest schon mal um die Inflationsrate und die Gehaltssteigerungen erhöht, nicht wahr?

Die aktuellen Tarifverträge finden Sie übrigens auf der bpt Homepage im Menü „für Praxisinhaber“, oder wenn Sie den QR- Code mit dem Smartphone scannen. Auf dieser Seite gelangen Sie auch zu den anerkannten Fortbildungen für TFA, mit deren Hilfe die Qualität ihres tierärztlichen Angebots weiter verbessert werden kann.

Dr. Petra Sindern
1. Vizepräsidentin bpt Stellvertreterin des Präsidenten | + posts