Landesverband praktizierender Tierärztinnen und Tierärzte Niedersachsen und Bremen e.V.

Als wären wir Tierärztinnen und Tierärzte durch bürokratische Auflagen nicht schon genug gebeutelt, steht ihnen ab nächstem Jahr neues Ungemach bevor: Am 1. Januar 2025 tritt die Chemikalien-Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV) in Kraft. Dabei geht es um die Abgabe von Biozidprodukten zur Bekämpfung von Ektoparasiten bei Haus- und Nutztieren aus unseren tierärztlichen Hausapotheken – Produkte, die wir schon seit vielen Jahren in der täglichen tiermedizinischen Praxis einsetzen. Unter diese Neuregelung fallen beispielsweise gegen Arthropoden gerichtete Sprays oder Vernebler zur Umgebungsbehandlung bei der Flohbekämpfung und Produkte zur Fliegenbekämpfung und Bekämpfung der roten Vogelmilbe im Nutztierbereich. Es sind nur Produkte zur Umgebungsbehandlung betroffen, nicht am Tier anzuwendende Antiparasitika, die eine Zulassung als Tierarzneimittel haben. 

In § 13 der Verordnung ist die Abgabe solcher Biozidprodukte geregelt und leider sind dort Tierärztinnen und Tierärzte sowie Tiermedizinische Fachangestellte nicht mehr per se als fachkundig anerkannt. Sachkundig nach §13 ChemBiozidDV ist, wer die Sachkunde gemäß § 11, Abs. 1, Nr. 1 und 2, auch in Verbindung mit Abs. 3 der Chemikalienverbots-Verordnung (ChemVerbotsV) besitzt, sofern die Sachkunde auch die Abgabe von Biozid-Produkten abdeckt. Zur Erlangung des Sachkundenachweises bedarf es des Bestehens einer Prüfung, die von einer Behörde selbst oder einer von der zuständigen Behörde hierfür anerkannten Einrichtung durchgeführt wurde. Zu den anderweitigen Qualifikationen, die der Prüfung gleichgestellt sind, zählen gemäß Abs. 3, ChemVerbotsV die Approbation als Apotheker, der Beruf des Apothekerassistenten oder Pharmazieingenieurs, der Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten, der Beruf des Drogisten und der Beruf des Schädlingsbekämpfers. Die veterinärmedizinischen Berufe sind hier nicht aufgeführt. Für Tierärztinnen und Tierärzte sowie für die Tiermedizinische Fachangestellte würde eine Nichtauflistung als per se sachkundig also bedeuten, dass künftig zur Abgabe von beispielsweise Umgebungssprays zur Flohbehandlung eine gesonderte, alle 6 Jahre zu erneuernde Sachkunde nach ChemBiozidDV erfüllt werden muss.

Zwar betrifft diese Regelung nur einen kleinen Teil der aus der tierärztlichen Hausapotheke abgegebenen Produkte, nichtsdestotrotz ist die Umgebungsbehandlung in hartnäckigen Fällen wichtig als integraler Bestandteil einer umfassenden, nachhaltigen Flohbehandlung und -bekämpfung. Darüber hinaus erstaunt die Unkenntnis des Gesetzgebers über Ausbildungsinhalte und Arbeitsweise von Tierärztinnen und Tierärzten – vermutlich wurden wir schlicht vergessen oder aus Unkenntnis Humanmedizinern, die über kein Dispensierrecht verfügen, gleichgestellt.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass wir in diesem Bereich schlechter gestellt werden als die oben genannten Berufsgruppen, obwohl Tierärztinnen und Tierärzte über eine mindestens vergleichbare, wenn nicht umfangreichere Ausbildung und umfassendes Fachwissen auf diesem Gebiet verfügen. 

Der bpt[MM1]  fordert deshalb die Anerkennung, dass Tierärztinnen, Tierärzte und TFA die im Sachkundenachweis geforderten Fachkenntnisse aufgrund ihres Studiums bzw. aufgrund ihrer Ausbildung vollständig erfüllen und ein gesonderter Sachkundenachweis nicht notwendig ist. Wir fordern somit die Anerkennung des genannten tiermedizinischen Fachpersonals als sachkundige Personen im Sinne der Verordnung.

Zum Erreichen dieses Ziels arbeitet der bpt eng mit dem BfT (Bund für Tiergesundheit) zusammen, dem Verband der forschenden Pharmaindustrie. Sowohl der BfT als auch der bpt haben bereits umfangreiche und deutlich formulierte Stellungnahmen abgegeben, um beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ein Umlenken bzw. eine Korrektur dieses Sachverhalts zu erreichen. Entsprechende Beratungen im Ministerium sollen dem Vernehmen nach bis zum Herbst 2024 erfolgen. Die Fachgruppe Kleintierpraxis im bpt (FGK) hat daher jetzt noch eine zusätzliche Stellungnahme erarbeitet, die über die genannten Forderungen hinaus Praxisbeispiele bringt, die verdeutlichen, wie sehr die Anwendung von und die Beratung der Tierhalter:innen über alle möglichen Medikamente und Chemikalien, nicht nur Biozid-Produkte, Arbeitsalltag von Tierärztinnen und Tierärzten und TFA ist und warum beide Berufsgruppen selbstverständlich dafür sowohl ausgebildet als auch qualifiziert sind, diese Produkte abzugeben. 

Das Ergebnis bleibt abzuwarten – die Fachgruppe Kleintierpraxis bleibt an der Sache dran. 

Die Stellungnahmen des bpt und des BfT können bei Interesse bei der bpt-Geschäftsstelle abgerufen werden. 

Dr. Stefanie Schmidtke
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