Landesverband praktizierender Tierärztinnen und Tierärzte Niedersachsen und Bremen e.V.

Erste-Hilfe-Kurse für Tiere – brauchen wir so etwas wirklich? Ich finde: Ja, unbedingt! Bei einem gut gemachten, qualitativ hochwertigen Erste Hilfe-Kurs profitieren nämlich Tiere, Halter:innen und Tierärzt:innen gleichermaßen! Und das beste: Dafür müssen Sie die Kurse nicht einmal unbedingt selbst anbieten!

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich an den Erste-Hilfe-Kurs aus meiner Führerschein-Zeit denke, kommen mir vor allem die stabile Seitenlage und die Wiederbelebung in den Kopf. Kein Wunder, dass viele Tierärzt:innen da abwinken. Und ich gebe zu: ich war früher selbst ein Skeptiker. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass so etwas wirklich wahnsinnig hilfreich für Tierhalter:innen ist. 

Nachdem ich mich nun aber intensiv mit dem Thema beschäftigt habe und seit mehreren Monaten selbst online Erste Hilfe- und Wiederbelebungs-Kurse für Hunde- und Katzenhaltende anbiete, kann ich sagen: ich lag so was von falsch!

Sobald man Erste Hilfe-Kurse viel mehr als „Notfall-Kurse“ versteht, in denen Tierhalter:innen den Umgang mit den häufigsten Notfällen erlernen, wird nämlich ganz klar: eigentlich sollten alle Tierbesitzer:innen so einen Kurs besuchen – und wir Tierärzt:innen sollten die größten Verfechter von ihnen sein.

Vielleicht bieten Sie ja bereits selbst solche Kurse an? Super! Vielleicht würden Sie gern, wissen aber nicht wann und wie? Dazu später mehr! Vielleicht sind Sie aber auch einfach noch nicht überzeugt? Dann kommen hier fünf gute Gründe, warum auch Sie anfangen sollten, in Ihrer Praxis Erste-Hilfe-Kurse anzubieten (oder zu empfehlen).

1)    Entlastung des Notdienstes dank weniger „Pseudo-Notfälle“

Hand aufs Herz – wie viele der „Notfälle“ in Ihrer Praxis sind wirklich Notfälle? Und wie oft handelt es sich um Probleme, die gut bis zur Sprechstunde hätten warten können? 

Zur Verteidigung der häufig wohlmeinenden Tierhalter:innen müssen wir aber fairerweise schon zugeben: woher sollen sie es denn besser wissen? Anders als wir, haben sie schließlich kein Tiermedizin-Studium hinter sich. Besser als uns ständig darüber zu ärgern, sollten wie also etwas dagegen tun und engagierte Tierhalter:innen in einem Erste Hilfe-Kurs darüber aufklären, was denn tatsächlich Notfälle sind  und was eben nicht!

2)    Damit es gar nicht erst zum Notfall wird

Darüber hinaus ist so ein Erste-Hilfe-Kurs aber auch der optimale Ort, um über die Vermeidung von Notfällen zu sprechen. Und damit meine ich nicht nur, welche vorbeugenden Maßnahmen gegen Unfälle, Vergiftungen und Co helfen können. Auch für ein Gespräch über regelmäßige Gesundheitschecks (in der Tierarztpraxis, aber auch zuhause) bietet der Kurs die optimale Gelegenheit. Beim Thema Milztumoren kommt die Rede z.B. ganz automatisch auf die Bedeutung von Routine-Check-ups – ganz ohne, dass der Tierärzteschaft vorgeworfen werden kann, regelmäßige Kontrollen nur des Geldes wegen zu empfehlen. Nutzen wir also die Gelegenheit, uns im Rahmen solcher Kurse ganz generell für eine bessere Gesundheitsvorsorge von Haustieren stark zu machen.

3)    Hilfreiche Maßnahmen statt fragwürdiger Hausmittel

Was wäre Ihnen lieber: ein Tierhalter, der bei einer Vergiftung direkt in die Praxis kommt oder eine Besitzerin, die erstmal mit verschiedenen Hausmitteln versucht, das Problem selbst zu lösen – nur um dann nach vier Stunden doch in der Praxis aufzuschlagen? Bringen wir lernwilligen Tierhalter:innen doch besser selbst bei, welche Erste Hilfe-Maßnahmen wirklich sinnvoll sind, als sie irgendwelchen fragwürdigen Tipps aus dem Internet zu überlassen!

4)    Höhere Kundenbindung

So ein Erste-Hilfe-Kurs ist die ideale Gelegenheit, um eine engere Verbindung zu Patientenbesitzer:innen aufzubauen, die eigene Kompetenz zu zeigen und im Idealfall die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Unabhängig von Termindruck und akuten Problemen gibt es endlich mal Zeit, mehr von sich selbst zu zeigen, auch mal mit Patientenbesitzer:innen zu lachen und besser kennengelernt zu werden. Unterschätzen Sie nicht, was für einen großen Unterschied eine Gruppe von engagierten „Supportern“ und Fürsprechenden in Zeiten von Internet-Bewertungen machen kann! 

5)    Auch ohne großen Aufwand möglich

Klar, nicht jede:r hat Lust und Zeit, einen Erste-Hilfe-Kurs vorzubereiten und anzubieten. Und das ist auch völlig in Ordnung! Zum Glück gibt es heutzutage die Möglichkeit, von fast allen Vorteilen zu profitieren, ohne den Kurs selbst anbieten zu müssen. 

Indem Sie als Tierärzt:in einen guten Erste-Hilfe-Kurs empfehlen (und idealerweise auch gleich Info-Material dazu mitgeben), erhalten Sie eine aufgeklärtere Kundschaft (und dadurch eine Entlastung des Notdienstes), ein höheres Verständnis für Gesundheitsvorsorge-Maßnahmen und zufriedenere Patientenbesitzer:innen, die den Eindruck haben, dass Ihnen ihr Tier wirklich am Herzen liegt. Bei manchen Kursen – wie z.B. bei meinen – können Sie sogar mitverdienen und erhalten für jeden gebuchten Kurs eine Provision – ein netter Nebeneffekt, oder?

Also, liebe Kolleg:innen, lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass möglichst viele Tierhaltende einen Erste-Hilfe-Kurs besuchen und so die Gesundheitsvorsorge für unsere vierbeinigen Patienten noch weiter verbessern. Falls Sie Tipps zur Erstellung eines Kurses brauchen oder mehr Infos zu meinem eigenen Kurs wollen, schreiben Sie mir jederzeit gerne!

Übrigens
Als bpt-Mitglied haben Sie Zugriff auf Präsentationen und Informationen dazu, wie Sie einen Erste-Hilfe-Kurs auf die Beine stellen. Sie finden sie im internen Bereich auf der bpt-Homepage.

Dr. Iris Wagner-Storz
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