Landesverband praktizierender Tierärztinnen und Tierärzte Niedersachsen und Bremen e.V.

Aus dem bpt-Arbeitskreis Telemedizin  –  Karl-Heinz Schulte

In der Tiermedizin erfolgt die Untersuchung unserer Patienten über den physischen Kontakt, die Erhebung von klinischen Parametern, aber auch durch Befragung bzw. Mitteilungen des Tierhalters.

Diese Daten können teilweise auch über Kommunikationsmedien wie Telefon oder Videochats erhoben werden.

In der Humanmedizin werden solche „Videosprechstunden“ bereits in größerem Umfang durchgeführt und auch von den Krankenkassen gefördert.

In der Tiermedizin ist dies prinzipiell auch möglich – soweit die für Tierärzte geltende Berufsordnung des jeweiligen Bundeslandes dies zulässt.

Die meisten Tierärztekammern haben ihre Berufsordnungen geändert, wie z. B. die     TK Nordrhein:

Tierärzte beraten und behandeln Tiere im persönlichen Kontakt. Sie können dabei digitale Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Eine tierärztliche Tätigkeit über digitale Kommunikationsmedien ist erlaubt, wenn dies tierärztlich vertretbar ist und die erforderliche tierärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der  Befunderhebung, Beratung sowie Dokumentation gewahrt wird und der Patientenbesitzer über die Besonderheiten der ausschließlichen tierärztlichen Tätigkeit über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.             (BO TK NR 2020, § 15, 3)

Auch die Musterberufsordnung der BTK wurde inzwischen entsprechend angepasst.

Telemedizin ist eigentlich ein Sammelbegriff für den Gebrauch (meist) digitaler Kommunikationsmittel in der Untersuchung und Behandlung des Patienten.

Dabei wird unterschieden zwischen Kontakt Tierbesitzer – Patient bzw. Patientenbesitzer (B2C) und Kontakt Tierarzt – Klinik, Spezialist (B2B).

Die Übermittlung von visuell erhobenen Daten ist die Grundlage zur Beurteilung und möglichen Behandlung des Patienten, wobei meist nur eine Verdachtsdiagnose gestellt werden kann.

Die Technik für den Einsatz der Telemedizin setzt minimal ein visuelles digitales Kommunikationsmedium voraus (Messenger Dienst). Zum professionellen Einsatz ist es sinnvoll, ein bereits etabliertes System zu benutzen.

Telemedizin kann bei allen Tierarten in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden als Zusatzangebot der Praxis mit/ohne Integration in das Praxismanagementsystem. Ebenso ist auch eine reine telemedizinische Praxis denkbar.

Folgende Einsatzgebiete sind u. a. möglich:

  1. Visuelle Untersuchung und Beratung
  2. Nachkontrollen von OP-Patienten, Behandlungsverlauf
  3. Spezielle Beratungen (z. B. Futtermittel- und Ernährungsberatung, Dermatologie)
  4. Notdienst (Triage)

Besonders in der momentan angespannten Notdienstsituation kann die Telemedizin eine deutliche Entlastung der Praxen und Kliniken bringen, indem eine Triagierung und dementsprechend eine gezieltere Überweisung erfolgt.

Im Bereich der Nutztiere kommt noch im Rahmen der Bestandbetreuung die Übermittlung von Tiergesundheitsdaten dazu.

Zum Thema Telemedizin im Nutztierbereich plant der bpt für seine Mitglieder ein Symposium am 14. Dezember dieses Jahres.

Es ist selbstverständlich, dass eine tierärztliche telemedizinische Beratung eine ausreichende Praxiserfahrung voraussetzt!

Die telemedizinische Konsultation muss auch entsprechend abgerechnet werden. Leider wurde dies in der neuen GOT noch nicht eigens berücksichtigt.

Aber die Positionen 1und 2 der Grundleistungen können dafür bis zum Dreifach-Satz (im Notdienst Vierfach)herangezogen werden:

1 Beratung im einzelnen Fall ohne Untersuchung (auch schriftlich oder fernmündlich)……11,26

2 Eingehende Anamneseerhebung oder Beratung, jeweils das gewöhnliche Maß über-steigend, einschließlich eingehender Vorbereitung, beispielsweise bei Verhaltensstörungen, Physikalischer Therapie und im Rahmen von Naturheilverfahren, z. B. Akupunktur, Homöopathie etc.                                                                                                                  …… 30,78

Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Anbietern (insbesondere im Kleintierbereich) auf dem Markt, die entweder eigenständig mit angestellten Tierärzten arbeiten oder die als Dienstleister für niedergelassene Tierärzte ihre technische Logistik bis hin zur Rechnungsstellung anbieten.

Um den Kollegen, die über telemedizinische Arbeit nachdenken, eine Hilfestellung zu geben, hat der bpt ein Online-Tool entwickelt, das im internen Mitgliederbereich genutzt werden kann.

www.tieraerzteverband.de/extranet/aktuelles/meldungen/2022/2022_05_02_technologiepartner-telemedizin.php

Das finanzielle Potential der Tier-Telemedizin wird auch in der „Gründerszene“ als sehr lukrativ angesehen:

www.starting-up.de/geschaeftsideen/trends/tiertelemedizin.html

Es wäre doch viel besser, wenn dieses Geld direkt bei uns Tierärzten bleiben würde!

Inzwischen versichern unsere Berufshaftpflichtversicherungen auch die Tier-Telemedizin, und Tierkrankenversicherungen – leider noch nicht alle – erstatten telemedizinische Leistungen.

Übrigens: Die Eingangsuntersuchung neuer Patienten einiger Tierkrankenversicherungen wird häufig telemedizinisch durchgeführt.

Insgesamt bleibt festzuhalten: Telemedizin in der tierärztlichen Praxis ist ein neues, spannendes und auch finanziell lukratives Betätigungsfeld. Nutzen Sie es!

Karl-Heinz Schulte