Landesverband praktizierender Tierärztinnen und Tierärzte Niedersachsen und Bremen e.V.

Warum nicht, Gründe dafür werden gesucht. Tempora mutantur; da
Geschlechterverhältnis, die Großtierpraxen sind jetzt mehr auf die Bestandsbetreuung
spezialisiert (quasi Wartung statt Reparatur), Pets sind in den Haushalten zahlreicher
vorhanden und haben einen anderen Stellenwert, auch der Tierschutz. Damit werden auch
die öffentlichen Aufgaben größer. Und unser Wissen steigt rasant, auch junge
Wissenschaftler werden gesucht. Das Arbeitszeitengesetz, das für unseren Berufsstand ganz
andere Regelungen hat als in der Humanmedizin, spielt in die Problematik massivst hinein.
Tierärztemangel ist die Hausausforderung unserer Zeit. In der Öffentlichkeit wird endlich
registriert, dass der Tierschutz, damit auch die zeitnahe Notfallbehandlung durch
Praktikerinnen und Praktikern, One-Health und auch die die Erfüllung Aufgaben im
öffentlichen Dienst gefährdet sind. Arbeitszeitengesetz und Bezahlung (LIDL bietet
Hochschulabgängern 66.000€/Jahr als Anfänger plus Dienstwagen). Work-Life-Balance ist
das Lebensziel, nicht mehr 7/24, wie in meiner Generation. Das kann ich nachvollziehen,
aber…


Die Antwort darauf ist noch nicht gefunden, viele Ideen und Begründungen sind im Umlauf,
nur, die Politik spring nicht auf den Zug auf! Frau Klöckner, damals noch im Ministeramt,
hob das Recht auf von der „freien Berufswahl“ hervor. Immer wieder wird auf das
Geschlechterverhältnis im Beruf hingewiesen. In Gießen waren es bei der feierlichen
Zeugnisübergabe vor einigen Jahren: 150 : 2. Studieren die „Richtigen“ Tiermedizin? Muss
das Auswahlverfahren geändert werden? Sind Praktika vor dem Studium zu machen?
Würden sich danach mehr geeignete TÄ heraus kristallisieren? Wie in der Humanmedizin
Prämien ausloben für TÄ, die auf’s Land gehen? Mehr Studienplätze anbieten? Im Moment
werden ca. 1000 junge Kolleginnen und Kollegen mit dem Studium fertig. Keiner weiß,
welcher Berufs-Weg von ihnen eingeschlagen wird. Promotion, Spezialisierung, Gap Year
oder Assistenz? Angeblich kämen 25% der Examinierten gar nicht in der kurativen Praxis an.
Zusätzlich kämen viele nach der Baby-Pause nicht zurück. (Vetion.de, „bpt informiert auf der
Grünen Woche über TÄ-Mangel und Notdienstproblematik”). Bei uns in NRW gibt es eine
gemeinsame Initiative von bpt, BTK, TÄ-Kammern und auch dem BbT eine veterinärmedizinische Fakultät in Bonn einzurichten.


Meiner Meinung nach fehlt es an einer belastbaren Datenanalyse. Von den 1000
Examinierten im Jahr arbeiten bekanntlich nicht alle 40 Wochenstunden. Aber nicht nur in
diesem Fall fehlen die Daten. Das Ministerium in NRW hat mir die Zahlen der TÄ im
öffentlichen Dienst übermittelt. Man weiss aber nicht, wie viele TÄ wie lange arbeiten. Ein
Beispiel: Ein Kreisveterinär berichtete: Früher 4 TÄ, jetzt 13, das typische
Einstellungsgespräch verläuft etwa so: „Ich kann 8 Std. arbeiten.” – “Oh toll, das ist ja Vollzeit.”
– “Nein, in der gesamten Woche, aber montags und freitags nicht!“. Von einer Organisation,
die Praxen aufkauft, liegen mir Zahlen vor. Von 280 TÄ arbeitet ¼ in Teilzeit, zwischen 3 und
38 Stunden, im Schnitt etwa 24 Std./Woche. Das Geschlechterverhältnis zu kennen, wäre
auch sehr hilfreich. Hier zeigt sich deutlich, dass flexible Arbeitszeitmodelle gefragt sind.
Weitere Zahlen habe ich leider nicht. Es fehlt an Datenmaterial über wirklich geleistete
Arbeitszeiten, natürlich nach Zeiten laut Arbeitsvertrag. Überstunden wären auch interessant.
Ich setzt große Hoffnung darin, dass das Thema mehr und mehr mit belastbaren Daten
versorgt wird. Die Aktivitäten nehmen zu.


Ich stelle hier kein Literaturverzeichnis zusammen, weise aber auf Aktivitäten hin, die das
Problem in der Vergangenheit schon beleuchtet haben!


Zusammenfassung:

Es fehlt an Daten, die unsere Argumentation gegenüber der Politik untermauern. Alle sind aufgerufen, die genannten Organisationen mit belastbaren Daten zu Versorgen.

Karl-Ernst Grau