Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass nunmehr nicht mehr Mops oder flachgesichtige Katze, sondern veritable Menschen im Fernsehen für das Diclofenac-haltige Schmerzgel forte werben? Oder dass auf manchen neu gestalteten Antiparasitika – Verpackungen kein Mops und auch kein Merle- Faktor Aussie mehr prangt? Sind die von selbst darauf gekommen? Sind sie nicht!
Dies ist eines der augenfälligeren Ergebnisse der steten Bemühungen der AG Qualzucht Kleintiere. Denn nicht immer verderben viele Köche den Brei. Die gute Zusammenarbeit der Gruppe, die mit der sehr schlanken und damit sehr entscheidungsorientierten Struktur von je einem Vertreter der DVG (Dr. Friedrich Röcken), der TVT (Daniela Rickert), des BbT (Dr. Christine Bothmann), der BTK (Dr. Thomas Steidl) und des bpt (mir) arbeitet, hat also nicht nur, wie es jemand mal vor einiger Zeit mal abfällig bemerkte, „zwei Merkblätter erstellt“. Die man aber im Übrigen weiterhin bei der BTK downloaden bzw. bestellen kann.
Natürlich sind nicht alle Firmen einsichtig, wenn sie einen Brief von Frau Haimerl von der BTK erhalten, der auf die Qualzuchtproblematik hinweist und darum bittet, in zukünftigen Kampagnen auf einen weniger problematischen Protagonisten zurückzugreifen. Aber: Steter Tropfen höhlt den Stein, so dass nun immer seltener Werbeagenturen oder gar Veterinärpharma – Unternehmen darauf hingewiesen werden müssen, dass ein Shar Pei oder eine Französische Bulldogge nicht in eine Anzeige für einen Stromtarif oder eine neue Creme gehören.
Aber auch auf anderen Gebieten zeigen sich erste Erfolge der gebetsmühlenartigen Bemühungen, die Sichtbarkeit von Qualzuchten zu vermindern, damit die Nachfrage danach sinkt.
Publikumswirksames Beispiel ist die Berliner Kampagne „Das ist doch krank!“, die viel mediale Aufmerksamkeit erfahren und in Prof. Achim Gruber einen populären Mitstreiter gefunden hat. Weniger bekannt ist aber noch, dass nach etlichen Gesprächen nicht nur mit Mitgliedern der AG Qualzucht, sondern auch mit einer Vielzahl von Tierschutzorganisationen sich nunmehr auch Giganten wie Ebay – Kleinanzeigen, zumindest in Deutschland, bewegen. Denn Brachycephale wie Mops, Bulldogge und Co. dürfen dort seit Anfang Oktober nicht mehr angeboten werden, ebenso wie als besonders winzig bleibend und deshalb als besonders wertvoll herausgestellte „Teacup“ – Chihuahuas oder vergleichbare Zwerghunde. Dass auch Deck- oder Wurfanzeigen gleich mit verbannt oder das Abgabealter für inserierte Hunde und Katzen auf 12 Wochen hochgeschraubt wurden, ist zwar nicht qualzuchtrelevant, aber tierschutzgerecht, und daher ebenfalls ein Erfolg der gemeinsamen Bemühungen.
Noch ausbaufähig ist dagegen die Beurteilung von Qualzuchten im Rahmen tierschutzrechtlicher Besuche und Interventionen seitens der Amtsveterinäre. Schon vor 2 Jahren wurde eine von der AG erstellte Checkliste entworfen und im Deutschen Tierärzteblatt veröffentlicht, die eine schnelle Vorab – Beurteilung ermöglichen soll. Da diese bisher aber so gut wie nicht genutzt wird, arbeitet die AG nun daran, eine noch benutzerfreundlichere Version zu erstellen. Sie könnte dann bald eingesetzt werden, um das im Entwurf der neuen Tierschutz – Hundeverordnung vorgesehene Ausstellungsverbot für Tiere mit Qualzuchtmerkmalen bei der amtstierärztlichen Eingangskontrolle durchzusetzen.
Zukünftiges Arbeitsgebiet der Gruppe werden zunehmend die Heimsäugetiere sein, denn ein Widderkaninchen, das nicht zielgerichtet hören kann und über seine eigenen Ohren purzelt, kann sein Leben eben nicht artgerecht, ohne leiden und Schmerzen, ausführen. Ebenso wenig wie ein nacktes Meerschweinchen oder ein buckeliger Kanarienvogel. Aber wir haben ja erfahren dürfen, dass sich über die Zeit etwas ändern lässt, also behalten wir uns den langen Atem.
Petra Sindern